Immer wieder brechen Studenten ihren Studiengang ab. Leider auch aus dem ersten Abiturjahrgang der KGS Schwarmstedt; trotz umfassender Vorbereitung durch den BIT (Berufsinformationstag), den HIT (Hochschulinformationstag) und durch ein zweiwöchiges Praktikum in der 10. Klasse.
Die Ergebnisse der Umfrage, die die Schule im Herbst 2011 machte, um den Verbleib ihrer Schülerinnen und Schüler zu evaluieren, gefielen den Verantwortlichen überhaupt nicht.
Aber was könnte man tun, um den Abiturientinnen und Abiturienten schon vor dem Studienbeginn zu zeigen, was auf sie zukommt? Studieren probieren? Gesamtschuldirektor Tjark Ommen nahm Kontakt zur Universität Lüneburg auf, die sich in besonderer Weise um Studienanfänger bemüht. In Professor Dr. Czerwenka fand er einen Ansprechpartner, der sich auf seine Visionen einließ.
In dem daraufhin gemeinsam mit Gymnasialzweigleiter Timo Heiken, Oberstufenkoordinator Jan Stünkel, BIT-Organisator und Hauptschulzweigleiter Jens Weber, AWT Fachbereichsleiter Kay Kretzer und Elternvertreter Wolfgang Hensoldt entwickelten Pilotprojekt dürfen die Schwarmstedter Schülerinnen und Schüler in Zukunft für zwei Wochen an der Leuphana Universität in Lüneburg Wissenswertes über das Studium lernen. Alternativ dazu können die Jugendlichen aber auch das übliche Berufspraktikum machen.
In dieser Woche startete das „Schwarmstedter Modell“ mit einem Festakt im Hörsaal der Universität. Der Dekan der Universität, Prof. Dr. Sascha Spoun begrüßte die 74 Schülerinnen und Schüler, die für zwei Wochen in der Jugendherberge in Lüneburg untergebracht sind, dann auch besonders herzlich. Außerdem den Staatskretär Dr. Stefan Porwol, der den wegen eines Trauerfalls kurzfristig verhinderten Kultusminister Dr. Bernd Athusmann vertrat, die Landtagsabgeorneten Gudrun Pieper und Andrea Schröder Ehlers, den Landrat des Heidekreises Manfred Ostermann, den Bürgermeister der Samtgemeinde Schwarmstedt Björn Gehrs, den Gesamtschuldirektor Tjark Ommen mit seinem Initiativ-Team und die begleitenden Lehrkräfte Stefanie Nerlich und Oliver Kracke, den Schulelternratsvorsitzenden Volker Banschbach, die Mitarbeiterinnen des Bildungsbüros Karin Thorey, Sabine Prenzel und Emma Jover und aus dem eigenen Hause, Prof. Dr. Kurt Czerwenka, Dipl.-Psych. Hanna Reuther, Janna Manz und weitere Coaches und studentische Hilfskräfte, die den Zehntklässlern unterstützend zur Seite stehen werden.
Spoun beglückwünschte die Schülerinnen und Schüler, es sei ein „unglaubliches Privileg“, dass „sie hier sein dürfen“. Er versprach, dass die Schüler/innen mit dem „Schwarmstedter Modell“ Erkenntnisse gewinnen und Neues entdecken. Spoun sei sehr dankbar, dass „einer der erfahrensten Professoren der Erziehungswissenschaften, Prof. Czerwenka“ dieses Projekt leitet. Es gäbe „kaum jemanden, der Schule so institutionell und personal verstanden hat und versteht wie er, und es weit über seinen Ruhestand hinaus betreibt“. Er dankte der Schule, dass sie sich für dieses Experiment auf den Weg gemacht hat, und wünschte allen eine erkenntnisreiche, gute Zeit.
Staatssekretär Dr. Porwol begrüßte ebenfalls alle Anwesenden und stellte heraus, dass es wirklich etwas Besonderes für die Jugendlichen sei, „bereits in der Schulzeit studienorientiert zu lernen und entsprechend ihre Schwerpunktfächer zu wählen“. In allen Schulen gibt es berufsorientierende Maßnahmen, auch Schnuppertage an Universitäten, aber nie so früh oder so umfassend wie beim „Schwarmstedter Modell“. Porwol lobte das Projekt. „Es ist eine gute Idee, Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines zweiwöchigen Universitätspraktikums unter Betreuung von Lehrkräften und von Beschäftigten der Leuphana Universität an ein Studium heranzuführen, ihnen vor allen Dingen Ängste und Unsicherheiten zu nehmen und ihnen zu sagen, wie viel Spaß ein Studium machen kann.“ Die Kooperation verspricht Gewinner auf beiden Seiten und Porwol wünschte allen viel Erfolg bei diesem einmaligen Projekt.
Nach einem Film über die Schwarmstedter Schule stellte Gesamtschuldirektor Tjark Ommen an Beispielen dar, warum er die Idee für dieses Modell hatte. Die Schülerinnen und Schüler sollen Erkenntnisse für ihre Berufswahl gewinnen und wissen, was auf sie im Studium zukommt.
Schließlich bedankte sich Ommen bei seinem Team, seinem Kollegium, das geschlossen hinter dem Modell steht, bei Prof. Dr. Czerwenka und seinem Team, bei Prof. Dr. Spoun, der seine Uni geöffnet hat, und beim Landkreis, der die Fahrtkosten und die Evaluation bezahlt. Aber auch besonders bei den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern, die sich auf das Projekt eingelassen haben, von dem man vor einem halben Jahr noch nicht in allen Details wusste, wie es aussehen würde. Ommen bedankte sich für das Vertrauen und sagte: „Seid stolz darauf, dass ihr die ersten seid, die an diesem Projekt teilnehmt“ und zitierte zum Schluss den Leitsatz der Schule von Prof. Dr. Röpke.
Nach einem Film über die Startwoche der Leuphana Universität beschrieb Prof. Dr. Czerwenka, warum er sich vor knapp einem Jahr sofort auf die Idee „Studieren probieren“ einließ. Er kannte Herrn Ommen aus dessen Neustädter Zeit als innovativen, kreativen Lehrer. Berufsorientierung sei wichtig für die Entwicklung der eigenen Zukunft. Die jungen Leute sollen Ziele entwickeln.
Prof. Dr. Czerwenka beschrieb das Leuphana Semester, in dem die Themenfelder „Wissenschaft trägt Verantwortung“, „Wissenschaft hat Methoden“ und „Wissen hat Geschichte“ behandelt werden. Dort bekommen alle Studierenden eine Orientierung.
Er ermutigte die Jugendlichen, sich auch etwas auszusuchen, das nicht im unmittelbaren Interessenbereich liegt, um neues kennen zu lernen. „Bildung heißt, sich einlassen auf erfahrbare Wirklichkeit.“ Er beschrieb einige Punkte des vorbereiteten Programms und beglückwünschte die Jugendlichen zu ihrer Wahl.
Zum Schluss bedankte sich die stellvertretende Schülersprecherin Svea Hensoldt bei allen Beteiligten für diese einmalige Chance. Die Schülerinnen und Schüler seien dankbar, dass Herr Ommen und Herr Prof. Dr. Czerwenka dieses einmalige Projekt zum Start geführt haben.
Sie hätten Probleme erkannt, Visionen entwickelt und die Ideen in einem enormen Tempo in die Tat umgesetzt. Im Namen der Schülerschaft sagte Svea: „Wir freuen uns, dass wir „Studieren probieren“ dürfen, als erste Schülerinnen und Schüler in Deutschland.“