Kooperative Gesamtschule Schwarmstedt
Wilhelm-Röpke-Schule
22.06.2018 12:37
Fachbereich: Schulleitung

„Kindermord im Krankenhaus“


… so der Titel eines Buches von Andreas Babel, der am 14.06.2018 zu diesem Thema, der Kindertötung im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort in Hamburg zur Zeit des Nationalsozialismus, einen Vortrag für die neunten Klassen des Realschulzweiges hielt.

Nach dem Tod des persönlichen Adjutanten Hitlers, Fritz Darges, 2009 in Celle, wurde der Redakteur der Celleschen Zeitung neugierig und stieß bei seinen Nachforschungen auf dessen Frau Helene Darges-Sonnemann, die nach dem Krieg viele Jahre im Celler Krankenhaus als Ärztin gearbeitet hat. Während des Nationalsozialismus arbeitete sie am Kinderkrankenhaus Rothenburgsort. Nach Zerstörung des Krankenhausgebäudes in Hamburg zogen Ärztinnen und Krankenschwestern mit den Kindern in Hilfslazarette u.a. in die Gegend von Celle. Die Schüler(innen) erfahren, dass es ein ähnliches Ausweichkrankenhaus der Hauptstadt Hannover auch in Schwarmstedt gegeben hat.

So rückt die Geschichte plötzlich nah und zudem bekommen durch den Vortrag die Kinder, die in Rothenburgsort und den Hilfslazaretten getötet wurden, ein Gesicht.

Das Leben dieser Kinder wurde als „nicht lebenswert“ betrachtet. Psychische Krankheiten oder eine Behinderung reichten schon als Tötungsgrund. Von den Nationalsozialisten als „lebensunwert“ betrachtet, spritzte man den Kindern eine Überdosis des Schlafmittels „Luminal“ und führte so beabsichtigt eine Lungenentzündung herbei, die als offizielle Todesursache festgehalten wurde.

Herr Babel zeigte Bilder von Kindern, berichtete über einige Details aus ihrem Leben, nannte ihre Namen und Geburtsdaten. Manche Kinder wurden nicht älter als vier Jahre.

Es ging in dem Vortrag aber nicht nur darum, gegen das Vergessen anzuarbeiten und die Opfer sichtbar zu machen. Dies war nicht die einzige Motivation. Ein Blick auf die Täter zeigte, sie waren nicht grundsätzlich Unmenschen. Oft waren es „nur“ Karrieregründe, die sie vor dem ideologischen Hintergrund der Zeit dazu bewegten, Kinder zu töten.

Es gab aber auch die, die nicht mitgemacht haben. Im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort standen immerhin vier von fünfzehn Ärztinnen auf, um die Kindstötungen zu verweigern.

Die Veranstaltung machte nachdenklich, besonders der Appell an die Schüler(innen) des neunten Realschuljahrgangs, mit dem Herr Babel seinen Vortrag beendete: „Gestaltet euer Leben selbst. Habt eure eigene Meinung und schwimmt nicht einfach mit dem Strom.“

Im Anschluss an den Vortrag stellten zwei Realschüler des neunten Jahrgangs „The 70273 Projekt“ vor. Dabei geht es um das Gedenken der NS-Euthanasieopfer von Januar 1940 bis August 1941. Es waren 70273 Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder mit körperlichen oder geistigen Behinderungen, die in dieser Zeit getötet wurden. Schüler(innen) der KGS gestalten für dieses Projekt Stoffstücke mit zwei roten Kreuzen auf weißem Hintergrund. Die beiden roten Kreuze stehen symbolisch für ein Opfer und weiß steht symbolisch für die Unschuld.

Zwei Kreuze deshalb, da das Weiterleben nach Aktenlage entschieden wurde. Die Akten wurden drei Ärzten vorgelegt. Wenn zwei Ärzte ein Kreuz in der Akte vermerkten, wurde die betreffende Person getötet.

Ziel ist es, 70273 Doppelkreuze aufzunähen und zu Quilts zu verarbeiten, welche international ausgestellt werden - Quilts erzählen traditionell Geschichten, in diesem Fall gegen das Vergessen.

Wer noch mehr über die Hintergründe dieses internationalen Projekts erfahren möchte, kann sich im Internet informieren unter:

www.The70273Project.org

www.patchworkgilde.de





Wilhelm-Röpke-Schule
Am Beu 2
29690 Schwarmstedt
Tel: +49 (0)5071 96817-0
Fax: +49 (0)5071 96817-69
sekretariat@kgs-schwarmstedt.de